Einbindung der Bürger*innen in den Prozess
Eine ‚Bürger*innenbeteiligung‘ findet zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund des Engagements der Bürger*innen in das nicht transparente
Verfahren des Investors statt.
Eine Beteiligung ist gesetzlich nur für ein Bebauungsplanverfahren vorgesehen.
Die vorgesehene massive Bebauung des Blockinnenbereichs stellt nach Ansicht der Initiative einen Eingriff in die bestehende Wohn- und Lebensqualität des Quartiers dar.
Der städtebauliche Wettbewerb wurde von Seiten der Politik und Stadtverwaltung nicht zuletzt auf Grund der nicht verträglichen Vorschläge des Investors ausgeschrieben.
Wir halten die Beteiligung im Bauleitverfahren für zu spät, da die Grundlagen früher erarbeitet werden und Änderungen i.d.R. dann nur marginal möglich sind. Aus diesem Grund möchten wir mittels dieser Presseinfo unsere Anliegen nochmals deutlich machen.
Ablauf des Wettbewerbverfahrens
Die erfolgte Beteiligung der Bürger*innen im Rahmen des Zwischen-kolloquiums ist aus unserer Sicht noch nicht zufriedenstellend:
- Die Entwürfe sind für ‚Laien‘ in der Kürze nicht erfassbar
- Die Modelle sind nicht in das Umgebungsmodell eingesetzt worden und konnten damit nicht anschaulich beurteilt werden
- Fundierte Aussagen der Anwohner*innen sind in der Kürze der Auseinandersetzungszeit nicht möglich
- Die Zeit für die Vorstellung der Entwürfe durch die Büros war zu knapp
- Die Verkehrsuntersuchung war ein Fachvortrag – die Aussagen sind für Bürger*innen nicht nachvollziehbar und beziehen sich nur auf die Signalanlage am Verkehrsknoten Boxgraben/ Mariabrunnstraße/ Weberstraße. Aussagen zu den weiteren umgebenden Straßen wurden nicht gemacht
- Die Anwohner*innen haben nicht die Möglichkeit (in einem wie vorab von der BI geforderten Zeitraum) ihre Anregungen einzubringen, bevor die Entwürfe in die zweite Runde gehen
Die sogenannte zweite ‚Bürger*innenbeteiligung‘ wird im gleichen Kanon der ersten Bürgerbeteiligung fortgesetzt. Ein wirklicher Dialog ist nur eingeschränkt möglich.
Die BI wird in der Presse und Teilen der Politik als sehr konstruktive Initiative bezeichnet. Es liegt nach wie vor die Vermutung nahe, dass die wirtschaftlichen Interessen des Investors dominieren und die inhaltlichen Anliegen der BI (siehe unten) nicht berücksichtigt werden.
Die Preisrichter der BI können qua Anzahl der Stimmen sehr einfach überstimmt werden. Der gewählte Beteiligungsprozess gleicht einem Particitainment und lässt weder eine inhaltliche Diskussion zu, noch bietet er den nötigen Rahmen und die Zeit einer wirklichen Mitsprache.
Hauptanliegen der Bürger*inneninitiative:
- Maßvolle Bebauung in Höhe und Dichte
- Erhalt des BoxPark (analog zum Schwedenpark)
- Keine hochbauliche Erweiterung des vorhandenen Parkhauses.
Zwingend erforderlich neue Parkplätze nur unterirdisch.
Entwicklung eines zeitgemäßen Verkehrs- und Mobilitätskonzepts, welches den zusätzlichen Raum für den ruhenden Autoverkehr ad absurdum führt - Weitgehender Erhalt bzw. rücksichtsvoller Umgang mit der bestehenden und bauhistorisch wertvollen Kalde-Bebauung
Zu 1.
Alle Entwürfe des Wettbewerbs überschreiten die Vorgaben an Höhenentwicklung und Dichte. Die durch den Planungsausschuss der Stadt Aachen beschlossene Ausschreibung, die eine Begrenzung der Bauhöhe auf die bestehenden Traufkanten festlegt, wird nicht eingehalten. In den vorliegenden Entwürfen wird 5 oder 6 geschossig geplant, obwohl es in der Umgebung bis zur Traufkante hauptsächlich 4 geschossige Gebäude gibt – die topografisch höchst gelegenen Gebäude (Ecke Boxgraben/Mariabrunnstraße) können nicht für das ganze Gebiet maßgebend sein.
Das Grundstück Südstraße 16/18 ist nicht im Besitz des Investors und steht z.Zt. nicht für eine Bebauung zur Verfügung. Die im Wettbewerb nur optional zur Verfügung stehende Fläche wird von den Planern nicht entsprechend ausgeklammert, da die Aussagen hierzu in der Ausschreibung nicht eindeutig sind. Die Vorgabe von bis zu 21.000 m² BGF muss bei einer Nichtbebauung dieser Fläche deutlich verringert werden.
Zu 2.
Der BoxPark soll den Charakter eines verborgenen Gartens behalten und weiterhin als Rückzugsort für die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt im Blockinnenbereich dienen. Er ist wichtig für das Kleinklima und dient als Filter für die enorme Feinstaubbelastung vom Boxgraben / B1. Gerade bei Hitze ist er ein Quell kühler Luft und mindert die Aufheizung der Umgebung. Weitergehend gibt es über die Vorgaben der Auslobung hinaus erhaltenswerten Baumbestand. Explizit ist hier ein Walnussbaum zu nennen, der auf der Rasenfläche zur Südstraße nahe den jetzigen Gewerbegebäuden steht, welche im Rahmen einer vorangegangenen Bauvoranfrage als zu erhalten eingestuft worden ist. Auch ein in der Nachbarschaft der Walnuss stehender Kirschbaum ist aus unserer Sicht sehr erhaltenswert.
Zu 3.
Ein alternatives Mobilitätskonzept ist an diesem Ort absolut sinnvoll. Diese Chance hier in Bezug auf den Luftreinhalteplan und dem Gerichtsurteil zu Fahrverboten in Aachen einen Schritt nach vorne zu machen, sollte nicht vertan werden. Als zukunftsorientiertes Pilotprojekt mit Vorbildcharakter kann an diesem Ort kann aufgezeigt werden, dass es möglich ist die Mobilität neu zu organisieren und die platzfressenden Räume für Autos anders zu belegen. Mittelfristig werden die neu gebauten Stellplätze nicht notwendig sein. In dieser Art weiterhin zu planen, ist nicht zukunftsorientiert.
Hinter der durch Luisenhospital propagierten Aussage, dass nur neue Mitarbeiter*innen gewonnen werden können, wenn Ihnen ein Stellplatz angeboten wird, steckt unserer Einschätzung ein anderer Gedanke. Das Luisenhospital möchte schon jetzt die erforderlichen Stellplätze für die angedachte Erweiterung des Ärztehauses an der Ecke Boxgraben / Weberstrasse sichern. Sollte das Projekt realisiert werden, werden die Parkplätze für die Beschäftigten ganz schnell zu notwendigen Parkplätzen für die Besucher*innen des erweiterten Ärztehauses.
Vor der durch die Investoren angedachten Erweiterung des Parkhauses ist durch das Luisenhospital eine Tiefgarage auf eigenem Gelände untersucht worden. Hier gibt es eine umsetzbare Lösung und dies war bis dahin auch der Plan A des Luisenhospitals.
Es bleibt also festzuhalten, dass das Luisenhospital die aus seiner Sicht und explizit nicht aus gesetzlicher Sicht erforderlichen Parkplätze auf eigenem Gelände realisieren kann. Warum sollte dieses eigentlich nicht vorhandene Problem vom benachbarten Luisenhospitalblock schließlich in den ‚Luisenhöfe‘-Block verlagert werden?
Zu 4.
Bei dem Kalde-Gelände handelt es sich aus unserer Sicht um ein Ensemble mit erhaltenswerter Bausubstanz. Das Kalde-Areal gehört zum Block und bildet ein Teil seines Charakters. Zudem ist es für eine lebendige Stadt notwendig, dass eine Nutzungsmischung erhalten bleibt. Arbeiten und Wohnen gehören zusammen. Konzepte der Nutzungstrennung von Wohnen und Arbeiten sind seit Jahrzehnten überholt. Deshalb halten wir es für wichtig, dass die bestehenden Strukturen weitergenutzt werden und durchaus weitergebaut werden können. Denkbar ist eine maßvolle Ergänzung und Aufstockung der bestehenden Bebauung. Auch eine Mischung von Wohnungsbau und Gewerbe in den alten Strukturen ist vorstellbar und würde das Quartier sicher beleben. Der Charakter einer solchen Struktur kann nicht neu gebaut werden und macht das Quartier letztendlich attraktiver und lebenswerter.
Da der Mietvertrag des jetzigen Mieters nach unseren Informationen im Sommer nächsten Jahres ausläuft, besteht die große Gefahr, dass die Investoren umgehend eine Abrissgenehmigung beantragen, um Fakten zu schaffen. Es wäre also eine Mindestanforderung an den gesamten Prozess der Entwicklung des Areals, dass die Gebäude so lange erhalten bleiben, bis eine tragfähige Lösung zur Entwicklung des gesamten Areals gefunden worden (negative Beispiele sind hier die über einen langen Zeitraum das Stadtbild prägenden Brachen für Aquis Plaza, Bluegate am Bahnhof und das ehemalige Wertzgelände im Ostviertel).
Diese Punkte haben sich für die Initiative herauskristallisiert und wurden bereits von ihr vorgetragen. Sie sind nicht mit dem erforderlichen Nachdruck zum Thema des laufenden Wettbewerbs gemacht worden und nur als weiche Faktoren in die Ausschreibung eingeflossen. Es wird von Seiten Investoren kontinuierlich betont, dass sich die Investition auch rechnen muss. Die angestrebten Renditen werden aber nicht offengelegt.
Es liegt nahe, dass der steigende Investitionsdruck auch in unserem Quartier zu guten bis sehr guten Renditen führen wird und bezahlbarer Wohnraum verringert wird.
Hier sind also die verantwortlichen Entscheider der Stadt und der Politik aufgerufen, die Qualtäten des Blocks und der Stadt vor die Renditeerwartungen der Investoren zu stellen.
Allgemein stellt sich zuletzt die Frage, wie geht es überhaupt weiter?
Geht die bauliche Umsetzung des entwickelten Bebauungsplanes in die nächste Hand über (Weiterverkauf)?
Wohin bewegen sich die Mietpreise nach der relativ kurzen Bindungsfrist des geförderten Wohnungsbaus von 10 Jahren?
Was bedeutet dies alles für das Viertel und seine Anwohnerschaft?
2 Antworten auf „# 017 | Presseinfo zu den Luisenhöfen“
Wer spricht eigentlich für diejenigen, die unbedingt eine Wohnung brauchen?
Da sitzen 8 Leute und betreiben Besitzstandswahrung, während tausende Wohnungen in Aachen fehlen.
Wir sprechen auch für die, die eigentlich eine Wohnung brauchen. Wenn Sie, Anonym, den Blog ausführlich studieren, sehen Sie, dass wir genau die Wohnungen verhindern wollen, welche den Markt bedienen und uns für Wohnraum einsetzen, welcher wirklich gebraucht wird. Eines unserer ersten Statements ist, dass wir die Bebauung nicht verhindern, sondern mitgestalten wollen.
Darüber hinaus gibt es die beschriebenen Anforderungen an ein lebenswertes Quartier, welche eine Stadt gerade in Zeiten des Klimawandels zukunftfähig machen. Zwischen all diesen Anforderungen muss abgewogen werden. Sonst haben am Ende Alle nichts von einer zugebauten Stadt.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir in eine offene Diskussion treten können und sich niemand hinter anonym verstecken muss.