Schwammstadt

Das Thema Schwammstadt anzusprechen, welches in der Projektentwicklung der Luisenhöfe noch gar keine Rolle spielt, fällt uns in diesen Tagen nicht leicht. Auf der anderen Seite ist aber auch genau jetzt der Zeitpunkt dafür. Bei der Frage wie man die Hochwasserkatastrophe hätte verhindern können, fällt neben vielen Ansätzen immer wieder die Aussage auf, dass wir aufhören müssen unsere Landschaft immer weiter zu versiegeln. Auch wenn die Täler der Ahr, Erft, Kyll etc. in ihren Oberläufen enge Täler sind, die solche Flutkatastrophen befördern – dem Wasser muss Raum zur Ausbreitung und zur Versickerung gegeben werden, um solche fürchterlichen Katastrophen zu verhindern oder zu mindestens abzumildern.

Versiegelungsgrad 50% +

Bei den Luisenhöfen sollen mehr als 50% des Projektgebietes versiegelt werden. Noch findet man einen sehr grünen Innenhof mit einem großen Anteil unversiegelter Fläche vor. Dies soll sich mit der z.Zt. geplanten Bebauung massiv ändern. Angesichts der Flutkatastrophe ist nicht nur in der Landschafts- sondern auch in der Stadtplanung ein massives Umdenken erforderlich. Wasser muss gespeichert werden und versickern können, um zu verhindern, dass es zu massiven Überflutungen kommt. Allen hier im Viertel ist noch die Überflutung des unteren Boxgrabens am 29.04.2018 in Erinnerung. Hierbei ist auch der dort ansässige Netto abgesoffen und monatelang wegen Sanierungsarbeiten geschlossen gewesen. Und dies nach der Erneuerung der Kanäle unter dem Boxgraben geschehen. Dieser Teil des Boxgrabens ist ein potentiell gefährdetes Gebiet, wie auch eine demnächst der Öffentlichkeit zugängliche Untersuchung der Stadt Aachen zu potentiellen Überschwemmungsgebieten in der Stadt zeigt. Eine weitere Versiegelung wird diese Situation sicher nicht verbessern.

FNP versus KFK

Dem Umwelt- und dem Planungsausschuss ist im Jahr 2015 die Beschlussvorlage der Verwaltung – Das Klimafolgenanpassungskonzept Aachen (KFK) in Verbindung mit der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans Aachen – Zusammenfassende Darstellung und weitere Vorgehensweise – zur Entscheidung vorgelegt worden. Hierfür ist der damals in Aufstellung befindliche Flächennutzungsplan (FNP) und das Klimafolgenanpassungskonzept (KFK) von 2014 übereinandergelegt worden. Explizit wird auf weiteren Freiraumverlust und den damit verbunden Auswirkungen für das Stadtklima verwiesen. Schon damals wurden die Auswirkungen auf Kaltluftströme, die Ausbreitung von Wärmeinseln, das vermehrte Auftreten von Hitzeereignissen und Hochwässern benannt. Im Besonderen wird dort der Verzicht auf weitere bauliche Entwicklungen (Innenhof Südstraße und Moltkebahnhof) angesprochen. Warum im aktuellen FNP die bisher vorgesehene Grünfläche im Widerspruch zu den Empfehlungen zur weiteren Ausarbeitung des FNP (bitte entsprechende Layer einschalten) verschwunden ist, ist aus diesem Blickwinkel nicht nachvollziehbar. Beide Ausschüsse haben damals dieser Beschlussvorlage zugestimmt.

Unzureichende Maßnahmen

In den Plänen zu den Luisenhöfen ist bisher lediglich eine Dachbegrünung gemäß der Aachener Grün- und Gestaltungssatzung vorgesehen. Über die Qualität dieser Dachbegrünung und der Fähigkeit als Retentionsfläche zur Regenrückhaltung zu funktionieren, gibt es keinerlei Aussagen. In der Grün- und Gestaltungssatzung der Stadt Aachen ist nur festgeschrieben, dass ab einer Fläche von 200 m² 60% der Dachfläche begrünt werden müssen. Es gibt aber keinerlei Vorgaben zur Art der Begrünung. Üblicherweise wird ein sog. extensives Gründach umgesetzt. Dies wiegt deutlich weniger, ist kostengünstig im Unterhalt und besitzt in der Regel eine Substratschicht von 5-8 cm. Leider kann auf solchen Dächern nicht allzu viel Wasser gespeichert werden und der Nutzen für die Biodiversität ist auch überschaubar.

Was wäre zu tun

Zunächst einmal sollten nicht nur die Symptome behandelt werden, sondern die Ursachen oder zu mindestens sollten die Ursachen nicht noch weiter verschlimmert werden. Dies heißt für den Innenblock ganz konkret, dass weniger bis gar nichts weiter versiegelt werden darf. In der Konsequenz bedeutet dies, dass geplante Bebauungsfläche in den grünen Bereichen zurückgenommen werden muss. Mehr noch – jede neue Bebauung muss mit einer intensiven Dachbegrünung mit einer sog. Rigolen-Technik versehen werden. Hierbei wird Wasser nicht nur im Substrat der Dachbegrünung, sondern auch in der darunter liegenden Schicht – dem sog. Retentionsdach gespeichert. Hiermit wird der schnelle und ungehinderte Ablauf von Regenwasser stark verzögert.

Schwammstadt

Des Weiteren müssen im Gelände Mulden und Versickerungsmöglichkeiten angelegt werden. Flächen wie Spielplätze sind bei entsprechender Ausgestaltung ebenso als temporäre Überflutungsflächen geeignet. Das Prinzip der Schwammstadt hat zusätzlich den großen Vorteil, dass Wasser viel länger zurückgehalten werden kann und somit auch viel besser mit Trockenperioden umgegangen werden kann. Antwerpen ist hier mit seinem waterplan wegweisend.

Man könnte auch über den Bunker als Wasserspeicher nachdenken. Die unbelichteten Innenräume sind sowieso nur schwer nutzbar. Warum also nicht den Bunker zu einer Zisterne umfunktionieren, der sehr viel Wasser aufnehmen kann und den Block und umliegende Gebiete in Trockenperioden mit Wasser versorgen kann.

Verantwortung der Investoren

Mit der geplanten Bebauung wird sich die Situation in Bezug auf die anstehenden Aufgaben zur Klimafolgenanpassung in der Stadt Aachen nicht verbessern. Mehr versiegelte Fläche heißt nicht nur mehr Überflutungen bei Starkregen sondern auch ein weiteres Aufheizen der Stadt bei den ebenfalls nicht weniger werdenden Hitzeereignissen. Die heutige Situation des grünen unversiegelten Innenblocks leistet jetzt schon ihren Beitrag zur Klimafolgenanpassung in Aachen. Dies darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Das Prinzip der Schwammstadt kann uns in beide Richtungen – Starkregen und Hitzeereignisse – helfen.

Und genau hier beginnt die Verantwortung der lokalen Investoren. Gemeinsam können wir an einer weiterhin lebenswerten Stadt arbeiten.

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