Investoren bezeichnen Kritik als „schlechten Witz“

Der unten stehende Leserbrief ist am Dienstag an die Aachenener Zeitung / Nachrichten versendet worden. Er ist eine Reaktion auf den Zeitungsartikel, in dem die Investoren die Kritik der BI als ’schlechten Witz‘ bezeichnen.

Zusätzlich ist auch ein Leserbrief des Aachener Baumschutzbündnis zum gleichen Artikel (in der gedruckten Ausgabe lautet der Titel: „Investoren sprechen von einem Vorzeigeprojekt“) erschienen. Dieser Leserbrief ist hier zu finden.

Ebenfalls gab online auch einige Kommentare zum Artikel.

Leserbrief zum schlechtem Witz

Innovatives Engagement von Bürger*innen ist unbequem. Sich für ein nachhaltiges Quartier mit bezahlbarem Wohnaum einzusetzen und nicht jeden Kompromiss gutzuheißen ist also ein „schlechter Witz“.

Mit wagem, semantisch aufgeblähtem Werbesprech entwertet ein Investor  quartiersgewachsene Identität, klebt sein „Grünstadtmenschen“ – Label drauf, perlt ein fragwürdiges Mobilitätsbudget in die Diskussion und will bundesweit Furore machen. Welch eine Hybris. Dachgärten, Solaranlagen, Carsharing etc. Nichts Neues.

Der Investor wirbt für Kompromisse für dringend benötigten Wohnraum. Richtig. Der muss bezahlbar sein, so dass sich ein Stadt-Leben auch Geringverdienende und Familien leisten können. Klar werden sozial geförderte Wohnungen gebaut. Doch wie lange läuft die Sozialbindung? Im innerstädtischen Bereich stehen seit langem viele Immobilien leer. Im Gegensatz zu anderen Städten gibt es in Aachen keine funktionierende Leerstandsabgabe.

Wohnraum zu schaffen scheint in Aachen nur durch CO2-intensive Betonneubauten zu funktionieren. Die Klimasituation hat sich in den letzten Jahren dramatisch geändert. Innovativ wäre ein Nachhaltigkeitsgutachten, alternative Baumaterialen oder die Sanierung im Bestand der Gewerbebauten. Dies rechnet sich aber nicht für das Investment. Wenn der Innenblockbereich durch Beschlussfassung des Bebauungsplans zu Bauland wird, rechnet sich das Investment schon. Und dann kann alles lukrativ weiterverkauft werden. Nicht das erstemal in Aachen. Investorenmonopoli ist legitim, allerdings gesellschaftspolitischer Anachronismus.

Wenn dann auf dem Hochbunker ein „schönes“ Penthouse in Investorenhand steht, kann dieser auf sein Werk herunterblicken und bekommt vielleicht die einzige kühle Prise im Quartier.

In der vorgesehenen Bebauung sollten 52% Flächen für Wohnraum und 48% für Gewerbe geschaffen werden. Der Anteil der geförderten Wohnungen nun doch nur 30% nachdem zwischenzeitlich mit 35% geworben wurde. Die Erweiterung des Parkhaus-Komplexes soll zwar nicht mehr als Kfz-Parkplätze sondern als Gewerbefläche bebaut werden. Allerdings unter voller Höhenausnutzung des Baukörpers, obwohl das Preisgericht im Wettbewerb schon eine Höhenreduzierung empfohlen hat und Politik dies zugesagt hat.

Der Boxpark wird „durchwegt“ und beleuchtet und verliert damit seine fast einmalige jahrzehntelange Habitat- und Klimafunktion.

Dass die politischen Entscheider in Aachen einen Beschluss zur Offenlage des Bebauungsplans gefasst haben bedeutet nicht, dass sie alles gut finden was dort geplant ist. Wann kommt Aachen endlich vor die Welle? Es gibt bei diesem Projekt viele Verlierer*innen. Für vulnerable Gruppen und nachfolgende Generationen ein „schlechter Witz?

Das Projekt ist vielleicht ein kleiner Schritt nach vorne in Aachen, aber kein überregionales Vorzeigeprojekt.

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