Stellungnahme Bauturbo

Der Runde Tisch Klimanotstand Aachen hat mit weiteren Initiativen eine Stellungnahme zum sog. Bauturbo – dem §246e in der Novelle des Baugesetzbuches – verfasst. Er stellt sich ausdrücklich hinter die Stellungnahme zahlreicher Fachverbände. Wie bereits in vorangegangenen Beiträgen erläutert, wird der §246e eher entgegengesetzte Entwicklungen, wie eine Bodenspekulation, befördern, als zum Bau kostengünstiger Sozialwohnungen führen.

Anhörung im Bauausschuss des Bundestages

Am 11.11.24 hat eine Expertenanhörung im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des deutschen Bundestages zum §246e stattgefunden. Es wurden Experten aus verschiedenen Bereichen gehört. Kritische Stellungnahmen waren nur von einer Vertreterin der architects4future und dem Mieterbund zu hören. Den Vertretern der Immobilienbranche und der Baunindustrie gingen die Regelungen des §246e noch nicht weit genug. Die gemeinsame Stellungnahme ist an alle Mitglieder des Ausschusses sowie die regionalen Abgeordneten aller demokratischen Parteien versendet worden.

Die Baugesetzbuchnovelle

Die Baugesetznovelle hat auch sinnvolle Ansätze und Neuerungen. Deshalb steht der §246e im Widerspruch mit den sonstigen Regelungen zur Klimaresilienz und dem nachhaltigen Bauen, welche durch die Novelle des Baugesetzbuches neu gefasst bzw. ergänzt werden sollen. Wie es zu diesen widersprüchlichen Regelungen kommt, ist nicht nachvollziehbar – nur auf wessen Betreiben dies geschehen ist. Hier sollen, wie nicht anders zu erwarten die FDP, aber auch Kanzler Scholz und die Bauministerin Geywitz die Treibenden sein. Und dies, nachdem der §246e aus Referentenentwurf für das Bundeskabinett nach der Stellungnahme vieler Fachverbände verschwunden war.

Was passiert nun

Mit dem Bruch der Regierungskoalition stehen nun viele Gesetzesvorhaben auf der Kippe. Ob nun die Baugesetzbuchnovelle zu den Gesetzen gehört, auf die man sich im Parlament noch einigen kann, ist nicht absehbar. Mit einer wahrscheinlich konservativ geführten neuen Regierung schwinden sicher die Hoffnungen auf eine Streichung des §246e.

Deshalb ist es nun umso wichtiger, dass hier die Kommunen selbst aktiv werden. Hier bestehen noch Möglichkeiten mit diesem Paragrafen umzugehen.

§ 246e BauGB – der Bauturbo

Die Bundesregierung hat den Entwurf des § 246e Baugesetzbuch (BauGB) zusammen mit den Bundesländern auf den Weg gebracht. Dieser Paragraf soll Regelungen aus dem BauGB weitreichend außer Kraft setzen. Er wird für Gebiete mit angespannten Wohnungsmarkt gemäß § 201a BauGB gelten. Wen wundert es – Aachen gehört dazu.

Eine Regelung wie der § 246e BauGB ist ursprünglich für die Erstellung von Flüchtlingsunterkünften eingeführt worden. Hier macht dies auch durchaus Sinn, da diese Bauten temporär sind und schnell erstellt werden mussten.

Jetzt aber für drei Jahre weitreichend die Regelungen des BauGB außer Kraft zu setzen, wird sicher nicht zu einem Bauturbo führen. Es werden Regelungen zur Erschließung der Grundstücke und Gebiete außer Kraft gesetzt, umweltrechtliche Prüfungen und Auflagen fallen weg, Partizipationsverfahren werden ausgesetzt und noch einiges mehr.

Baugenehmigung = Bodenspekulation

Es soll mit dem § 246e erlaubt werden, für jedwede Fläche in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt einen Bauantrag zu stellen, wenn sie nicht weiter als 100 m von einer bestehenden Siedlungsfläche entfernt ist. Auch in Gebieten mit bestehenden Bebauungsplänen kann in Abweichung zu den Vorgaben des Bebauungsplans ein Bauantrag gestellt werden. Die Verwaltungen müssen diesen Bauantrag innerhalb von 2 Monaten genehmigen. Sollte dies nicht erfolgen, ist der Antrag automatisch genehmigt. Dies bedeutet für Gebiete ohne Bebauungsplan, dass mit einem genehmigten Bauantrag der Wert des Grundstücks exponentiell steigt, ohne dass überhaupt eine Verpflichtung zum Bauen besteht. Noch weitergehend – es sind überhaupt keine Regelungen zu einer Quote für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen, obwohl es ja das Ziel dieser Regelung sein soll, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Weiterführende Infos

Einen guten Einblick in die gesamte Thematik geben dieser Artikel in der Bauwelt, sowie der Beitrag im Onlinemagazin Marlowes und der Podcast von der Stadtrederei mit einem ehemaligen Baudirektor der Stadt München.

Es gibt mittlerweile auch ein breites Bündnis sowie einen Appell mehrerer Verbände gegen dieses Gesetzesvorhaben. Selbst bei der schriftlichen Anhörung (im Link nach unten scrollen) der Verbände – diese musste innerhalb von drei Tagen erfolgen – gibt es viele kritische Stimmen zum Bauturbo. Auch die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Städtetag, Landkreistag und der deutsche Städte- und Gemeindebund) haben eine sehr kritische Stellungnahme abgegeben. Positiv auf dieses Gesetzesvorhaben reagieren alleinig – wen wundert es – die Verbände der privaten Immobilienwirtschaft (siehe ebenfalls Stellungnahmen)

Was bedeutet dies für die Luisenhöfe?

Nach jetziger Einschätzung des Entwurfs für den § 246e BauGB könnte die Luisenhöfe GmbH bei Inkrafttreten des Paragrafen einfach einen Bauantrag für das Gebiet stellen. Dieser müsste, wie oben beschrieben, innerhalb von zwei Monaten genehmigt werden. Alle Probleme mit der Zuwegung wären damit vom Tisch. Die Luisenhöfe GmbH könnte auch weitgehend von den bisher geplanten Anforderungen aus dem laufenden Bebauungsplanverfahren zurücktreten.

Wir haben es aber bei der Luisenhöfe GmbH mit einem lokal verorteten Verbund von zwei Investoren zu tun, die Verantwortung für unsere Stadt übernehmen wollen.

Sinngemäßes Zitat eines der Investorenvertreter bei einem Rundgang:

Deshalb gehen wir davon aus, dass eine Anwendung des Bauturboparagrafen von der Luisenhöfe GmbH noch nicht einmal in Erwägung gezogen wird und wir uns sicher ganz beruhigt zurücklehnen können.😉🙃